Technisches Prinzip

Der FishProtector besteht aus vielen horizontal angeordneten Stahlseilen mit einem bestimmten lichten Abstand, welche über den gesamten Fließquerschnitt im Anströmbereich einer Wasserkraftanlage gespannt werden. Er stellt ein Hybridsystem dar, das die Funktion des Fischleitens und des Fischscheuchens optimiert. Die Stahlseile, welche die mechanische Komponente des Hybridsystems bilden, dienen dabei auch als Anode bzw. als Kathode und wirken durch ihre Ausrichtung zum Bypass hin leitend. Die elektrische Spannung, die an den Seilen angelegt wird, liegt im für Lebewesen ungefährlichen Niedervoltbereich und kann je nach Anforderungen variiert werden. Das sich ausbildende elektrische Feld, welches die zweite Komponente des Hybridsystems darstellt, wirkt abschreckend auf Fische (siehe Abb. 1). Je größer ein Fisch ist, desto stärker spürt dieser den Strom.

Abb. 1: FishProtector und skizziertes elektrisches Feld (Rot: hohe Feldstärke bis 200 V/m; Blau: geringere Feldstärke ab 0 V/m)
Abb. 1: FishProtector und skizziertes elektrisches Feld (Rot: hohe Feldstärke bis 200 V/m; Blau: geringere Feldstärke ab 0 V/m)

Das System des FishProtectors wurde an der Universität Innsbruck entwickelt und in umfangreichen Forschungsprojekten in enger Kooperation mit internationalen Projektpartnern aus der Forschung (Arbeitsbereich für Angewandte Mechanik der Universität Innsbruck, Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU)) und der Wirtschaft (Fa. Albatros Engineering GmbH in Österreich, IUS Weibel & Ness GmbH in Deutschland, Procom System S.A. in Polen) hinsichtlich seiner technischen Machbarkeit sowie der Fischschutz- und Fischleitwirkung untersucht [1].

 

Der große Vorteil des FishProtectors liegt darin, dass die lichten Seilabstände deutlich größer gewählt werden können als bei einem konventionellen Rechen. Die Fische, welche die Barriere aufgrund ihrer Größe mit Leichtigkeit durchschwimmen könnten, werden durch das sich ausbildende elektrische Feld an der Passage gehindert und durch die Ausrichtung des FishProtectors zum Bypass hin geleitet.

 

Ein weiterer Vorteil des Systems liegt neben dem geringeren baulichen Aufwand vor allem in den geringeren hydraulischen Verlusten, welche sich durch die runde Seilform, den deutlich größeren Seilabstand aufgrund der Elektrifizierung und dem niedrigeren Verbauungsgrad durch das Fehlen von Streben und Abstandshaltern ergeben.

Der FishProtector kann an Anlagen jeder Größe installiert werden. Seillängen bis über 100 m sind technisch möglich [2].

 

Verhaltensbiologisches Prinzip

Die Fische erkennen in der Annäherung die mechanische Barriere trotz der großen lichten Weiten (z.B. 60 mm). Typischerweise richten sie dann ihren Körper gegen die Fließrichtung aus (d.h. Kopf in Richtung Oberwasser). In der weiteren vorsichtigen Annäherung an den FishProtector nehmen sie das elektrische Feld in deutlicher Distanz zu den Stahlseilen wahr und zeigen eine kontrollierte Fluchtreaktion in Richtung Oberwasser bzw. je nach Einbauwinkel der Seile bereits versetzt in Richtung des Bypasses (Abb. 2). Das spezielle Fischverhalten ist in der hybride Schutzwirkung des FishProtectors begründet [1].

 

Abb. 2: Fischverhalten am FishProtector
Abb. 2: Fischverhalten am FishProtector

Betriebliche Aspekte und Rechenreinigung

Im Unterschied zu starren Horizontalrechen (bestehend aus Rechenstäben) ermöglicht die flexible Struktur des FishProtectors eine vorteilhafte Betriebsweise zur Rechenreinigung, indem die Seile einzeln oder auch gruppenweise entspannt werden können.

 

Während des Normalbetriebs sind alle Seile gespannt (Abb. 3-1).

 

Im Falle lokaler Verlegungen der Seile durch Treibgut (Laub, Gras, Äste und Ähnliches) können einzelne Seile oder Seilgruppen gelockert werden, um das Material auf der Rechenfläche zu mobilisieren. Das Treibgut wird bei überströmten Anlagen direkt über das Kraftwerk ins Unterwasser transportiert bzw. bei konventionellen Wasserkraftanlagen über die Rechenreinigung am Turbinenschutzrechen entfernt (Abb. 3-2).

 

Bei erhöhten Abflüssen werden die Seile auf der Gewässersohle abgelegt und der Fließquerschnitt für Abfluss und Feststoffe jeder Art freigegeben. So kann durch vollständiges oder teilweises Entspannen und Ablegen der Seile die gesamte Rechenfläche gereinigt und vor Verklausung geschützt werden (Abb. 3-3).

 

Abb. 3: Verschiedene Betriebsarten
Abb. 3: Verschiedene Betriebsarten

Literaturverzeichnis:

 

[1]

 

B. Brinkmeier, H. Böttcher, R. Tutzer und M. Aufleger, „Der Elektro-Seilrechen - Ein hybrides Fischschutzsystem für Wasserkraftanlagen,“ Wasserkraft & Energie, 2018.

[2]

 

H. Böttcher, B. Brinkmeier, M. Aufleger und B. Zeiringer, „Verhaltensuntersuchungen zum Fisch-schutz und Fischabstieg am Seilrechen,“ WASSERWIRTSCHAFT, Bd. 109, pp. 29-35, 3 2019.